Berufliche Neuorientierung zuversichtlicher gestalten

Ein Einblick in das Jobjäger-Programm

Die durchschnittliche Arbeitslosenquote betrug 2017 in der Schweiz 3,2 % – auf den ersten Blick eine relativ kleine Zahl. Dahinter verbergen sich jedoch 143‘142 Personen[1] und ebenso viele Einzelschicksale. Mit über 200 von ihnen haben wir vergangenes Jahr im Rahmen des Jobjäger-Programms in Schaffhausen zusammengearbeitet.

Von der Arbeitslosigkeit zur Jobjagd

Das Jobjäger-Programm ist eine Massnahme des Arbeitsamtes Schaffhausen in Zusammenarbeit mit der SBAW Schule für berufliche Aus- und Weiterbildung und benevol Schaffhausen[2]. Es verbindet psychologische Erkenntnisse mit gängigen Bewerbungsinhalten. Ob die Stellensuchenden Chancen in der teils unfreiwilligen Situation erkennen oder nicht, hängt neben (wahrgenommenen) Könnens-Faktoren auch von Wollens-Faktoren ab. Ziel ist es, alle Faktoren zu bündeln und zu stärken. Wir von Skillsgarden unterstützen die Stellensuchenden über drei Monate hinweg bei der Erreichung dieses Ziels in neun Workshops mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Nachfolgend finden Sie eine Übersicht der Hauptschwerpunkte, welche in unseren Blogbeiträgen vertieft werden.

Gemeinsam auf dem Weg zur neuen Stelle

Dem Programm liegt der Gedanke der JobClubs[3] zugrunde. Dabei geht es darum, dass der Einzelne von den Erfahrungen der Gruppe profitieren kann. Unterschiedliche Methoden helfen den TN, sich zu vernetzen und ihre individuellen Erfahrungen für alle nutzbar zu machen.

Stärkenorientierung statt defizitäre Ausrichtung

Bei der Durchführung der Workshops wird gemäss positiver Psychologie[4] auf die Stärken der TN fokussiert. Methoden der Standortbestimmung und des Storytellings helfen, eigene Stärken (wieder) bewusst und im Bewerbungsverfahren nutzbar zu machen.

Design your life

Wir wollen neue Methoden sinnvoll anwenden. Design Thinking[5] hat deshalb neben unserem Engagement beim Mobiliar Forum Thun[6] inzwischen auch beim Jobjäger-Programm Einzug gehalten. In diesem Jahr fliessen zudem unsere Erkenntnisse aus unserem erfolgreichen Workshop-Prototypen „Design Thinking für mich selbst“[7] in das Programm ein. Die TN entwickeln hierbei mehrere individuelle Zukunftsszenarien, was sie im Leben und im Beruf wirklich erreichen wollen und wie sich das umsetzen lässt.

Umsetzung erhöhen

Gewohnheiten beeinflussen nicht nur unsere guten Vorsätze für das neue Jahr[8], sondern auch die Jobsuche. Häufig werden gewohnte Suchstrategien verwendet und es fällt schwer, etwas daran zu ändern. Neue Strategien nicht nur zu kennen, sondern auch auszuprobieren ist ein wesentlicher Fokus des Programms. Dies ermöglicht flexible Strategien bei der Jobsuche und mit steigender Umsetzung steigt auch die Selbstwirksamkeit[9].

Input und Tipps zu Bewerbungsunterlagen

Bewusstheit über die Anforderungen an Bewerbungsunterlagen und die individuelle Gestaltung und Optimierung sind ein Klassiker, der auch in diesem Programm seinen Platz hat. Eigene Bewerbungsunterlagen werden in Einzel- und Gruppensettings besprochen und optimiert.

Experimentierfreudige Grundhaltung

Trotz der Vielfalt an eingeflossenen Erfahrungen und der Stärkung der Könnens-Faktoren sind es am Ende die TeilnehmerInnen selbst, welche die Bereitschaft aufbringen müssen, etwas Neues auszuprobieren, und das trotz oder gerade wegen ihrer schwierigen Situation. Die Erkenntnisse der Marienthal-Studie, einem über 80 Jahre alten Klassiker der Arbeitslosen-Forschung[10], haben diesbezüglich nichts von ihrer Aktualität eingebüsst. In dieser Studie erkannten Jahoda et al. bereits 1933 die Wichtigkeit der Akzeptanz und Anpassung an die geänderte Lebenssituation und verdeutlichen dies anhand eines Einzelbeispiels:

„Andererseits gibt es in dieser Gruppe [der Gruppe der Ungebrochenen – Anm. d. Verf.] z. B. einen Mann, der früher ein sehr bewegtes abenteuerreiches Leben geführt hat, bald da und bald dort sich aufgehalten hat und dem es dabei nie wirklich schlecht gegangen ist, auch wenn es materiell nicht immer gut um ihn stand; er nimmt sein heutiges Schicksal in all seine Abenteuer auf, mit denen er immer »irgendwie« fertig wird.[11]

Autor: Jonas Najdzion


Quellen

[1] https://www.seco.admin.ch/seco/de/home/Arbeit/Arbeitslosenversicherung/arbeitslosenzahlen.html

[2] https://jobjaeger.ch

[3] Lindinger et al. (2016). JobClubs – Gemeinsam auf dem Weg zum Traumjob. Springer Gabler, Wiesbaden

[4] Positive Psychologie beschreibt die Ausrichtung psychologischer Forschung und Praxis auf menschliche Stärken, siehe https://portal.hogrefe.com/dorsch/positive-psychologie-1/

[5] https://www.hrtoday.ch/de/article/was-ist-eigentlich-design-thinking

[6] http://www.skillsgarden.ch/kunden (Design Thinking Workshops)

[7] http://www.skillsgarden.ch/design-your-life/

[8] http://www.skillsgarden.ch/die-macht-der-gewohnheit/

[9] http://www.skillsgarden.ch/die-macht-der-selbstwirksamkeitserwartungen/

[10] Die Arbeitslosen von Marienthal. Ein soziographischer Versuch über die Wirkungen langandauernder Arbeitslosigkeit. Hirzel, Leipzig 1933.

[11] Ebd., S. 110